Jünger, vielfältiger, zahlungswilliger?

Beim Jahresevent 2021 des EX ging es in Dortmund um Inhalte und Publikum des Journalismus von morgen. Auch ein bisschen ums Gestern. Und um den Will-Schaber-Preis.

Zukunft war eigentlich immer am Institut für Journalistik der TU Dortmund – gab es doch hier nicht nur den ersten Studiengang zur akademischen Journalistenausbildung und die erste unabhängige Campuszeitung der Republik, sondern 1995 auch das erste Campus-Onlinemedium. Boris Kaapke, damals unter den studentischen Gründern von InDOnet, konnte daher auch einiges anekdotische aus der Zeit beisteuern, in der das Internet tatsächlich noch Neuland war.

Keynote Prof. Elmer

Die Zukunft, die noch kommen wird, nahm dann aber doch noch deutlich mehr Raum ein. Dafür sorgte bereits die Keynote von Christina Elmer, der neuen Professorin für Datenjournalismus. Sie stellte einerseits „das neue Normal“ vor, denn spätestens seit den Coronadashboards der großen Medien ist Datenjournalismus tatsächlich Alltag. Ein Alltag, der inzwischen professionell organisiert ist und zunehmend auch seine eigenen Prozesse optimiert. Elmer warf aber auch einen Blick in die Potenziale, sie reichen bis hin zum structured journalism, bei dem journalistische Produkte in funktionale Teile gegliedert werden – vom Bild über Titel und Hintergrundabschnitt bis zum Newskern. Die lassen sich dann getrennt und teilautomatisch weiterverarbeiten, so dass unterschiedliche Zielgruppen ohne großen Aufwand bedient werden können.

Wer mag, kann das Event, das parallel auch live gestreamt wurde, hier auf Youtube nacherleben:

Talkrunde

In der Talkrunde zu den Anfängen und der Zukunft des Onlinejournalismus, die Kay Bandermann moderierte, erfuhr das Publikum dann mehr unter anderem über die digitalen Innovationen im WDR Newsroom. Abteilungsleiterin Franziska Fiedler berichtete etwa, dass das TikTok-Engagement gemeinsam mit einer Schulklasse läuft, um besonders nah an den Zielgruppen zu sein, „die wir mit Nachrichten sonst nicht so gut erreichen“. Auch ZEIT Online bespielt alle Kanäle, so CvD Katrin Scheib. Man könne als Medium sich halt nicht gönnerhaft zurücklehnen und davon ausgehen, dass das Publikum schon kommen werde.  Für Prof. Janis Brinkmann von der Hochschule Mittweida, sind die Medien durchaus schon ganz gut auf den Spuren dessen, was die Mediennutzenden der Zukunft sehen und lesen wollen, hier sei halt nur die Frage, wer diese Inhalte denn bezahlen werde. 

Gut anderthalb Stunden Talk samt reger Publikumsdiskussion sprachen noch viele weitere interessante Punkte an. 

Will-Schaber-Preis

Teil der Tagung war außerdem die Verleihung des Will-Schaber-Preises 2021. Mit dem Preis zeichnet der EX e.V. herausragende, praxisnahe Abschlussarbeiten aus. Laudator und EX-Vorsitzender Armin Hingst hob hervor, dass die aktuellen Preisträger bestens zum Rahmenthema passten, „was wirklich erst auffiel, als die Jury aus dem EX e.V.-Vorstand mit Steffi Opitz, Katrin Pinetzki und mir das Verfahren beendet hatte.“ Sie passten gut, weil jede der drei Arbeiten einen Aspekt des Journalismus der Zukunft behandelt hat: das Publikum, die Inhalte und die Organisation.

Den dritten Platz belegte Nils Malte Makrutzki mit seiner Arbeit über „Crossmediale Fachzentren“. In der untersuchte er, welche redaktionellen Organisationsformen ein privater Rundfunkanbieter und ein öffentlich-rechtlicher einsetzen, um ihre Nachrichtenredaktionen auf die Anforderungen von morgen einzurichten. Dabei kam heraus, dass große Newsrooms allein nicht zwangsläufig als das Mittel der Wahl angesehen werden.

Der zweite Platz ging an Rebecca Wolfer, die die Reportagen und Dokumentationen des öffentlich-rechtlichen Onlinekanals „funk“ mit ihren Pendants aus klassischen öffentlich-rechtlichen Sendern verglich. Wer vermutet, da gehe es allzu meinungsstark zu, geht fehl. Denn hier unterschied sich das „Zukunftsmedium“ funk nicht. Wohl aber darin, mehr Nähe zum Publikum aufzubauen, Durch direktere Ansprache und stärkere Einbindung der Mitwirkungselemente.

Platz eins belegte Franziska Weil mit ihrer Arbeit darüber, was das junge Publikum vom Journalismus erwartet. Dazu hat sie über 500 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Jahrgangsstufen aller Schulformen in NRW befragt. Obwohl die Corona-Pandemie natürlich ihre Spuren hinterließ, gelang der Autorin aus Sicht der Jury ein durchaus hoffnungsfroher Blick auf die junge Zielgruppe, die eine analoge Medienwelt gar nicht mehr erlebt hat. Denn trotzdem wirken die Vorstellungen darüber, was z.B. Journalismus eigentlich ist oder sein soll, auch noch in dieser Zielgruppe. Sie weiß unabhängige, seröse und auch unaufgeregte Berichterstattung immer noch zu schätzen, hat aber auch durchaus Ansprüche an den Journalismus, den sie noch nicht realisiert sieht: Sie sieht zu viel Negativismus und möchte mehr Lösungsansätze präsentiert bekommen.

Will-Schaber-Preis: Nils Malte Makrutzki (2.v.l.) errang Platz 3, Kai Franke (r.) nahm für Rebecca Wolfer Platz 2 entgegen, Franziska Weil, Gewinnerin des ersten Platzes, konnte leider nicht dabei sein. Verliehen wurde der Preis von der Jury des EX aus Steffi Opitz (l.), Katrin Pinetzki (2.v.r.) und Armin Hingst (Mitte).

Bildimpressionen vom Jahresevent